Mammon. Eine Motivgeschichte zur Religiosität des Geldes
Weiß, Jochen
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URL:
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http://ub-madoc.bib.uni-mannheim.de/1152
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URN:
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urn:nbn:de:bsz:180-madoc-11520
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Dokumenttyp:
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Dissertation
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Erscheinungsjahr:
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2004
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Titel einer Zeitschrift oder einer Reihe:
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None
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Verlag:
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Universität Mannheim
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Gutachter:
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Hörisch, Jochen
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Datum der mündl. Prüfung:
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11 Februar 2004
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Sprache der Veröffentlichung:
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Deutsch
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Einrichtung:
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Philosophische Fakultät > Neuere deutsche Literatur, Kultur und Medien (Steiner 2003-2010)
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Fachgebiet:
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830 Deutsche Literatur
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Normierte Schlagwörter (SWD):
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Religion , Geld , Christentum , Kapitalismus , Ablass , Calvinismus
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Freie Schlagwörter (Englisch):
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religion , money , Christianity , church, capitalism , economy , indulgence , calvinism , alienation , trade , coin , sacrifice
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Abstract:
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Die Evolution der Religiosität um Geld innerhalb der Neuzeit wird an den antiken Religionen verankert, die nicht nur der Ursprungsort des Geldes sind, sondern auch das Schicksal der hochkapitalistischen Religion Mammons vorzeichnen, institutionell zu erstarren und das ursprünglich religiöse Erlebnis einem exklusiven System von Macht zu opfern. Der Blickwinkel dieser These findet in der Betrachtung der Renaissance durch Friedrich Engels ihren Ausgangspunkt: "Die Neue Zeit fängt an mit der Rückkehr zu den Griechen – Negation der Negation" . Von hier aus kann die ständige Aktualität der Antike und ihrer religiösen Vorgaben bis hin zur Moderne belegt werden, wie Norbert Bolz dies aus den Gedanken Benjamins zum Kapitalismus extrahiert hat: "Formelhaft gesagt: Moderne ist ein Schlaf, Antike ist ein Alptraum, das 19. Jahrhundert ist eine objektive Phantasmagorie – und der Kapitalismus ist eine Religion." Im Hinblick auf die Entwicklung der antiken Religion wird die Motivgeschichte des religiösen Geldes entsponnen: 1. Zunächst wird in einem religionstheoretischen Kapitel die Entwicklung archaischer Magie hin zu einer immer mehr institutionalisierten Religion beschrieben, die die Tauschgesetze in der Kommunikation mit einer göttlichen Instanz festlegt und die Kommunikation monopolisiert. Schließlich wandelt sich die erschütternde Furcht vor dem Ausbleiben einer transzendenten Antwort, aber auch die Furcht vor dieser Antwort zu einem abwägenden Feilschen um göttliche Rechte und Pflichten. Der Gläubige bietet nicht mehr das eigene Opfer, sondern setzt als Tauschwerte Tiere und schließlich das Geld ein, das als Ausdruck des neu gewonnenen menschlichen Selbstbewusstseins vom Tempel aus seine Verbreitung findet. 2. Im nächsten Kapitel wird der Zeitpunkt der Offenbarung einer Religion des Geldes in der Renaissance verankert. Die Anfänge der Romangattung im anonymen Fortunatus sind der Rahmen für die Voraussetzungen und die Ausbreitung des Wirtschaftsverkehrs. In ihm wird Geld zu einer faszinierenden Leerstelle, die magisch mit Handelsgütern besetzt werden kann, die als kulturelle Wertaussagen religiöse Botschaften kopieren. Darüber hinaus wird Geld auch zu einem effizienten Mittel in den sozialen Räumen, an deren enge Grenzen mittelalterlicher Feudalität der Romanheld bereits stößt. 3. Die offene Diskussion von Weltbildern findet auf dem venezianischen Rialto statt, auf dem William Shakespeare sein Drama The Merchant of Venice inszeniert. Geld eröffnet Machtsphären, die die Gemeinschaft zur Gesellschaft erweitern und gleichzeitig diese neu ordnen. Die Handelsgesellschaft bedient sich des Kommunikationsimpetus, der bereits in der Religion maßgeblich geworden ist: die Schuld, deren Aufrechnung von Sünde und Sühne in die buchhalterische Berechnung von Schulden übernommen wird. Geld wird zum Maßstab der Gesellschaft; deshalb beten es die Hauptakteure des Dramas, Antonio und Shylock, an, allerdings auf ganz unterschiedliche Weise: Während dieser es als persönlichen Fetisch versteht, postuliert jener es als gesellschaftlichen Götzen, der ein universales Ökonomiemodell durchsetzt. 4. Die Flugschrift dieses Modells ist das Papiergeld, das den Warentausch beschleunigt und das Triumvirat von Kirche, Krone und wertsetzendem Wort zum Ausverkauf stellt. Johann Wolfgang von Goethes Faust ist das prometheische Projekt, sich als menschliche Göttlichkeit für die frei gewordene Stelle zu bewerben, ohne zu bemerken, dass sich Geld nicht mehr auf ein Mittel reduzieren lässt, und darum scheitern muss. Adalbert von Chamissos Peter Schlemihls wundersame Reise führt ihren Protagonisten schließlich zu der Kapitulation vor einer sich missionarisch ausbreitenden und von der individuellen Eigenheit entfremdenden Ökonomie. 5. Im Hochkapitalismus umreißt Gustav Freytags Erfolgsroman Soll und Haben eine diesseitig ausgerichtete bürgerliche Ethik, deren Folge der hingebungsvolle Gottesdienst an Mammon unter den Augen einer ökonomischen Priesterkaste ist. Auch das vermeintliche Gegenstück, Jeremias Gotthelfs Roman Geld und Geist, kann sich der Erfolgsgeschichte des Geldes nicht entziehen. Erst die Spekulationswirtschaft, der sich Martin Salander und Der Grüne Heinrich von Gottfried Keller widmen, weiß die Totalität ökonomischer Werte durch ihre Unkalkulierbarkeit aufzubrechen, versucht aber gleichzeitig, Dogmen und Mythen zu installieren, die das Mysterium eines weltgewaltigen Geldgottes verkünden. 6. Dieses scheint sich zu erfüllen, wenn das Geld seine Materialität (fast) abstreift und im digitalen Datennetz verschwindet. Uwe Timms Kopfjäger eröffnet einen Blick in das globale Tohuwabohu, hinter dem doch immer Spekulanten mit ihren Interessen sitzen, die fast schon einen römischen Expansionsdrang pflegen. Sie fragen sich nicht mehr, ob Geld angebetet werden sollte, sondern sind die Apostel Mammons, der in der Hoffnung auf Gewinn gepriesen, und dem im Luxuskonsum geopfert wird. 7. Abschließend werden die Ergebnisse dieser Entwicklung als ein sich mythisch immer wieder erzählendes Gesellschaftssystem dargestellt. Die Möglichkeit des Austritts aus der monetären Religion, vor allem aber der Umgang mit ihr und ihre Perspektiven kommen hier zur Sprache.
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Übersetzter Titel:
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Mammon. A History of Motives about the Religiousness of Money
(Englisch)
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Übersetzung des Abstracts:
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The point of view on the link between religion and economy is often pure analogy. But the relation between these two spheres can be seen in a deeper way: First, religion obeys economic pattern from its origin. Second, out of religious structures in the Greek temples an economic system spread over the antique world. Thenceforward economy developed from magic beginnings in barter systems to an institutional religion itself in the high capitalism which displaces the Christian religion in the occident with a divine money. The functional links between religion and economy can’t be seen obvious because the religion of Mammon is unconscious. Thus the similarities between these social structures are shown in a reality of texts which describes the development of money to god in different steps out of psychological, sociological, hilosophical, theological and historic views, which are ordered to a sequence of mostly German literary texts as an alternative system of historiography.
(Englisch)
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Zusätzliche Informationen:
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| Das Dokument wird vom Publikationsserver der Universitätsbibliothek Mannheim bereitgestellt. |
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