Eine träge Anpassungsgeschwindigkeit der Löhne zu einem markträumenden Gleichgewicht bildet nicht nur ein konstitutives Element einer Klasse von makrotheoretischen Ansätzen ("Ungleichgewichtsmodelle"), sondern ist auch durch eine Reihe von empirischen Studien gut belegt. Solche Lohnrigiditäten werden in zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten und in der Öffentlichkeit als einer der Hauptgründe dafür angesehen, dass sich die Arbeitslosigkeit in (West-)Deutschland nicht stärker als bisher zurückgebildet hat, verbunden mit der Empfehlung, den Flächentarifvertrag zugunsten einer betrieblichen Lohnbildung aufzugeben oder sogar zu verbieten. Unbeschadet der Frage, in welchem Ausmaß nominale oder reale Lohnrigiditäten nun tatsächlich für den Anstieg und die Persistenz der Arbeitslosigkeit verantwortlich sind und ob die Verlagerung der Lohnverhandlungen rein auf die betriebliche Ebene die erhofften Flexibilitäten und Beschäftigungsgewinne erbringt, stellt sich die Frage, warum sich eine Gesellschaft den Luxus von Lohnstarrheiten leistet, wenn dies mit so hohen Kosten in Form von Beschäftigungslosigkeit verbunden ist. Die ökonomische Theorie hat in Beantwortung dieser Frage eine Reihe von Argumenten vorgetragen, die zeigen, dass es ökonomisch durchaus rational sein kann, die Löhne nicht ständig der sich ändernden Arbeitsmarktsituation anzupassen, sei dies aus der Sicht der Arbeitnehmer oder Gewerkschaften (wie beispielsweise die "Insider-Outsider"-Theorie), sei dies aus dem Blickwinkel der Unternehmen (wie beispielsweise die Effizienztheorie). Die Brisanz dieses theoretischen Nachweises liegt auf der Hand: Wie sollen dann rational handelnde Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Unternehmer dazu gebracht werden, entgegen ihrer Rationalität flexiblere Löhne (und Lohnstrukturen) zu vereinbaren?
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