Stereotype von (angehenden) Lehrkräften und deren Inhalte: Perspektiven aus qualitativen Forschungsprojekten: Symposium


Yendell, Oscar ; Kleen, Hannah



Dokumenttyp: Präsentation auf Konferenz
Erscheinungsjahr: 2024
Veranstaltungstitel: GEBF-Tagung 2024, 11. Jahrestagung der Gesellschaft für Empirische Bildungs­forschung „Bildung verstehen - Partizipation erreichen - Transfer gestalten"
Veranstaltungsort: Potsdam, Germany
Veranstaltungsdatum: 18.-20.03.2024
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Sprache der Veröffentlichung: Deutsch
Einrichtung: Fakultät für Sozialwissenschaften > Unterrichtsqualität in heterogenen Kontexten (Karst 2023-)
Fachgebiet: 150 Psychologie
300 Sozialwissenschaften, Soziologie, Anthropologie
370 Erziehung, Schul- und Bildungswesen
Abstract: Die Einstellungen von Lehrkräften gegenüber benachteiligten sozialen Gruppen wurden vielfach untersucht (Glock et al., 2020). Welche Assoziationen mit bestimmten sozialen Gruppen verknüpft werden, ergibt sich aus Stereotypen, die als kognitive Einstellungskomponente verstanden werden können (Eagly & Chaiken, 1993). Stereotype beinhalten u.a. antizipierte Charakteristika und Verhaltensweisen gegenüber Mitgliedern sozialer Gruppen, beispielsweise Schüler*innen mit niedrigem sozioökonomischen Status (SES; Bspw. Beruf oder Bildung der Eltern). Diese Assoziationen können neutral, positiv oder negativ sein (Eagly & Chaiken, 1993). Speziell in der Schule ist es wichtig zu erfahren, was genau Stereotype beinhalten, da sie bspw. mit verzerrten Leistungserwartungen in Verbindung gebracht werden können (Gentrup, 2018). In der Bildungsforschung wird bei der Untersuchung von Stereotypen häufig auf das Wärme-Kompetenz-Modell von Fiske et al. (2002) zurückgegriffen. Die beiden Facetten Wärme und Kompetenz werden dabei als universelle Inhaltsbereiche von Stereotypen beschrieben, jedoch ermöglichen sie keinen Zugriff auf die inhaltliche Breite von Stereotypen (Imhoff, 2021; Schell et al., under review; Yendell et al., 2023). Qualitative und an Sprache orientierte Forschungsprojekte eignen sich durch ihre Offenheit, diese Inhaltsbereiche tiefergehend zu untersuchen (Hollander & Abelson, 2014). Zudem ermöglicht die Offenheit, weitere Aspekte explorativ einzubeziehen, die Stereotype in der schulischen Praxis beeinflussen können (bspw. Interaktionen zwischen Lehrkräften) (Mayring, 2020). Einerseits können die Ergebnisse daher hypothesengenerierend für quantitative Folgestudien sein. Andererseits können sie tiefere inhaltliche Einblicke in die Ergebnisse quantitativer Forschungsprojekte bieten (Cresswell & Plano-Clark, 2011). Daher werden in diesem Symposium Beiträge präsentiert, die sich aus unterschiedlichen qualitativen Perspektiven mit Stereotypen von (angehenden) Lehrkräften auseinandersetzen. Die unterschiedlichen Perspektiven ergeben sich durch vielfältige Erhebungsarten (Gruppendiskussionen, Interviews, offene Assoziationsaufgaben) sowie Auswertungsformen (qualitative Inhaltsanalyse, Grounded Theory, rekonstruktiv-hermeneutische Analyse). Zudem werden unterschiedliche theoretische Bezüge präsentiert (Doing Difference und Positioning-Analyse). Dabei wird vor allem auf die Gruppe der Schüler*innen mit niedrigem SES fokussiert. Deren Benachteiligung wird u.a. anhand niedriger Leistungen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2022) oder negativer Einstellungen von (angehenden) Lehrkräften (Glock & Kleen, 2020; Tobisch & Dresel, 2020) ersichtlich. Im ersten Beitrag (Yendell et al.) wurden mittels Gruppendiskussionen die Assoziationen von Lehrkräften gegenüber Schüler*innen mit Transferleistungsbezug (Bürgergeld) herausgearbeitet. Eltern, die Transferleistungen beziehen, werden als eher verantwortungslos beschrieben und schlechte Schüler*innenleistungen werden durch eine antizipierte Vererbung dieser Verhaltensweisen begründet. Einige Lehrkräfte widersprechen diesen negativen Assoziationen jedoch auf Basis positiver Erfahrungen in der Interaktion mit Eltern. Im zweiten Beitrag (Claus) wurden Grundschullehrkräfte in Deutschland und Argentinien kulturvergleichend interviewt. In beiden Kontexten wurde eine Verbindung zwischen sozialer Herkunft, fehlender Unterstützung und schlechter Schulleistungen gezogen. Bei deutschen Lehrkräften lag der Fokus jedoch auf einem individualisiertem Versagen der Schüler*innen, während in Argentinien von einem gesellschaftlichen Bildungsversagen ausgegangen wurde. Der dritte Beitrag (Dickert & Glock) untersuchte die Rolle des Elternhauses bei den Stereotypen gegenüber Schüler*innen mit Förderbedarf. Lehramtsstudierende assoziierten Schüler*innen mit dem Förderbedarf Verhalten und Lernen mit einem wenig unterstützenden Elternhaus sowie vorwiegend negativ. Bei dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zeigt sich dies hingegen nicht. Im letzten Beitrag (Enssen) wurden stereotype Annahmen von schulischen Akteur*innen im Berufsorientierungsprozess von Schüler*innen in sozial deprivierter Lage untersucht. Es wird gezeigt, dass stereotype Denkmuster vor allem von Akteur*innen reproduziert werden, die in Ermangelung von kollegialer Kooperation, Schwierigkeiten haben, die berufliche Entwicklung von Schüler*innen positiv zu beeinflussen. Die Vielfalt der Beiträge ermöglicht es, Stereotype und deren Erforschung unter dem Einsatz unterschiedlicher Methoden sowie Theoriebezüge weiterzudenken. Hierdurch können interdisziplinäre Forschungsprojekte (bspw. Mixed-Methods) forciert und ein Transfer zwischen Wissenschaftsdisziplinen hergestellt werden, wodurch ein muliperspektivisches Verständnis für Stereotype in Bildungsprozessen ermöglicht wird. Um diesen Anspruch zu begegnen, werden die Beiträge einerseits aus der Perspektive der quantitativ orientierten Stereotypforschung (Jun. Prof. Dr. Meike Bonefeld) diskutiert. Andererseits werden sie vor dem Hintergrund schul- und ungleichheitsbezogener Theoriebezüge diskutiert, die in der qualitativen Forschung Anwendung finden (Dr. Matthias Forell).


SDG 10: Weniger Ungleichheiten





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