Wie Lehrkräfte Familien sehen: Erkenntnisse aus Vignetten-Studien über Stereotype von Lehrkräften auf familiäre sozioökonomische Herkünfte
Dickert, Janina
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Yendell, Oscar
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Dokumenttyp:
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Präsentation auf Konferenz
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Erscheinungsjahr:
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2025
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Veranstaltungstitel:
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GEBF-Tagung 2025, 12. Jahrestagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung „Bildung als Schlüssel für gesellschaftliche Herausforderungen: Interdisziplinäre Beiträge aus der Bildungsforschung"
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Veranstaltungsort:
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Mannheim, Germany
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Veranstaltungsdatum:
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27.-29.01.2025
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Verwandte URLs:
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Sprache der Veröffentlichung:
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Deutsch
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Einrichtung:
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Fakultät für Sozialwissenschaften > Unterrichtsqualität in heterogenen Kontexten (Karst 2023-)
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Fachgebiet:
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370 Erziehung, Schul- und Bildungswesen
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Abstract:
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Bildungsverläufe hängen in Deutschland in einem hohen Maße mit dem sozioökonomischen Status (SES) von Schüler*innen zusammen, indem Schüler*innen mit niedrigem SES selbst bei gleicher Leistung wie Schüler*innen mit höherem SES seltener gymnasiale Schulformen besuchen, das Abitur absolvieren oder ein Studium aufnehmen (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024; Dräger, 2022). Diese Ungleichheit steht dem Motto der diesjährigen GEBF „Bildung als Schlüssel für gesellschaftliche Herausforderungen“ entgegen, da soziale Ungleichheiten hierdurch nicht verringert, sondern fortgeschrieben werden. Ein Ansatz, diese - selbst bei gleicher Leistung existierenden – ungleichen Bildungsverläufe zu erklären, sind Stereotype von Lehrkräften, verstanden als generalisierte Überzeugungen über Angehörige sozialer Gruppen (Tobisch & Dresel, 2020). Diese können zu verzerrten Leistungserwartungen oder Bewertungen bei Lehrkräften führen, aber auch Attributionen für gute bzw. schlechte Schulleistungen beeinflussen (Gentrup, 2018; Wang & Hall, 2018; Reyna, 2008). Bisherige quantitative (sozialpsychologische) Studien fokussieren sich überwiegend auf SES-bezogene Stereotypisierungen gegenüber den Schüler*innen selbst (bspw. Glock & Kleen, 2020; Tobisch & Dresel, 2020). Dabei zeigen qualitativ und ethnographisch orientierte Studien, dass Lehrkräfte in Bezug auf schulische Leistung oftmals auf die Familien entsprechender Schüler*innen rekurrieren und das Verhalten sowie die Leistung von Schüler*innen in Bezug zum familiären SES-Hintergrund setzen (Budde et al., 2023; Weitkämper, 2022). Im Rahmen dieses Symposiums werden daher sozialpsychologische Studien präsentiert, die Stereotype von Lehrkräften auf Familien in Abhängigkeit unterschiedlicher familiärer SES-Herkünfte untersuchen. Die verschiedenen Beiträge zeigen, in welchem Ausmaß und über welche Mechanismen Informationen über das Elternhaus die Wahrnehmung von Lehrkräften beeinflussen können. Beitragsübergreifend werden hierfür Vignetten verwendet, die sich hinsichtlich Erhebungsarten (offene und geschlossene Angaben) sowie Auswertungsformen (quantitative Inhaltsanalyse und Varianzanalysen) unterscheiden, um einen Überblick über die Vielfalt von Vignettenforschung zu geben.
Im ersten Beitrag wurde untersucht, ob sich Lehrkraft-Attributionen für schlechte Schulleistungen je nachdem unterscheiden, ob die Eltern eines Schülers der Mittelschicht angehören, Einkommensarm sind oder Sozialhilfe beziehen. Es wird gezeigt, dass vielfältige inhaltliche Kategorien (11) für die Attribution schlechter Schulleistung existieren. Darüber hinaus wird gezeigt, dass bei Schüler*innen in Einkommensarmut und Transferleistungsbezug häufiger die Familie als Grund für schlechte Schulleistungen angegeben wird als bei Eltern, die der Mittelschicht angehören.
Der zweite Beitrag geht der Frage nach, inwiefern Informationen über den Bildungshintergrund der Eltern die Leistungsbeurteilung und die Attributionen der Leistung durch angehende Lehrkräfte beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass angehende Lehrkräfte die Leistung sowie die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schüler das Abitur erreichen wird, höher einschätzen, wenn die Eltern des Schülers über einen Masterabschluss verfügen, als wenn sie über einen Hauptschulabschluss verfügen. Zudem wird die Leistung des Schülers von den Teilnehmenden weniger auf elternbezogene Ursachen zurückgeführt, wenn die Eltern einen Masterabschluss haben, als wenn sie einen Hauptschulabschluss haben.
Der dritte Beitrag befasst sich mit dem Einfluss von Informationen über den familiären SES (Beruf des Vaters) auf die Einschätzung von akademischen Leistungen, Engagement, Beliebtheit und Störungstendenz eines fiktiven Schülers durch angehende Lehrkräfte. Dabei wurde zwischen hohem SES, niedrigem SES und Sozialhilfebezug variiert. Es konnte festgestellt werden, dass Schüler mit hohem und niedrigem SES im Vergleich zu Schülern, deren Eltern Sozialleistungen beziehen, besser in der akademischen Leistung und Beliebtheit bewertet wurden, wobei es keine Unterschiede zwischen hohem und niedrigem SES gab.
Alle Beiträge zeigen den Bedarf auf, in zukünftiger sozialpsychologischer Stereotyp-Forschung nicht mehr lediglich auf Lehrkraft-Stereotype gegenüber Schüler*inneneigenschaften direkt, sondern auch verstärkt auf Stereotype gegenüber den Familien der Schüler*innen zu fokussieren. Neben einer Diskussion der methodischen Umsetzungen, wird die Diskussion die Ergebnisse zudem aus soziologischer Perspektive in einen breiteren gesellschaftlichen Kontext setzen. Dies ermöglicht eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der vorrangig sozialpsychologischen Studien.
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